Sonntag, 8. Juli 2012

Baumklettern für den kleinen Geldbeutel


Baumcaches

Fast jeder Geocacher wird auf die eine oder andere Art schon mal mit T5-Caches in Berührung gekommen sein. Für Nicht-Cacher: „T5er“ sind Caches mit der höchsten vorgesehenen Terrain-Wertung, also Dosen, die nur durch Einsatz spezieller Hilfsmittel zu erreichen sind. Es gibt viele verschiedene Varianten von T5-Caches: Klettercaches, Tauchcaches, Höhlencaches, aber auch Dosen, die nur mit einem Magnet „geangelt“ werden können, weil sie sich an einer unzugänglichen Stelle befinden.

In diesem Beitrag soll es um eine spezielle Variante des Klettercaches gehen, den Baumcache.
Baumcaches sind eine der häufigsten Varianten der „T5er“, vermutlich weil es genug Versteckmöglichkeiten gibt (Bäume gibt es im Gegensatz zu Felswänden o.Ä. doch recht häufig, vor allem im Wald). Um so einen Schatz zu erreichen braucht es vorher neben Wissen und Erfahrung auch Equipment, das natürlich Einiges von unserem ohnehin schon strapazierten Geldbeutel abverlangt. Webseiten die sich ausführlich mit Baumklettern beschäftigen gibt es genug. Deshalb beschreibe ich in diesem Artikel, wie man auch mit wenig Geld den erfolgreichen Einstieg ins Baumklettern schafft. Alle hier beschriebenen Methoden habe ich selbst ausprobiert.

Ich weise an dieser Stelle dennoch ausdrücklich darauf hin, dass der Artikel keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit erhebt und selbstverständlich auch einen Kurs zum Thema Baumklettern nicht ersetzen kann. Ich übernehme auch keinerlei Verantwortung für die hier beschriebenen Techniken. Also, bevor ihr irgendetwas in die Richtung probiert, seid euch bewusst, dass ihr im schlimmsten Fall auch abstürzen könnt. Baumklettern birgt Risiken. Wendet nur an, was ihr auch wirklich verstanden habt! Handelt verantwortlich und bringt euch und andere nicht in Gefahr!

Beim Klettern sollte nie an der falschen Stelle gespart werden, d.h. an der Sicherheit. Bevor ihr lebensgefährliche Aktionen mit ungenügendem oder unsicherem Equipment macht, lasst es lieber. Alle hier beschriebenen Techniken sind meiner Meinung nach sicher, aber ich bin kein Experte auf dem Gebiet. Deshalb muss jeder für sich selbst entscheiden was er macht und was er besser lässt.

Absolute Mindest-Ausrüstung

Um erfolgreich mit den hier beschriebenen Techniken auf einen Baum zu kommen und dabei die eigene Sicherheit zu gewährleisten ist ein Minimum an Ausrüstung in jedem Fall erforderlich. Dazu gehört:

  • Ein Sportklettergurt
  • Ein Seil, am besten Statikseil (mind. in der doppelten Länge der Cachehöhe + 10 Meter, besser 3 * Höhe + 10 Meter)
  • Helm
  • Bandschlingen in verschiedenen Längen
  • Mehrere Schraub- oder Twist/Ball-Lock-Karabiner
  • Material für's Aufsteigen
  • Ein Gerät für's Abseilen
  • Pilotschnur
  • Wurfsack
Mindestausrüstung beim Baumcachen


Vor dem Klettern: Wie bekomme ich das Seil da hoch?

Bevor wir auf den Baum kommen muss erst mal unser Seil hoch. Das funktioniert mit einer Pilotschnur und einem Wurfsack. Ursprünglich habe ich eine Schnur genommen, die ich im Outdoor-Laden offen von der Rolle gekauft habe. Als Wurfsack habe ich einen Hacky-Sack zweckentfremdet. Diese Kombi hat sich aber als wenig erfolgreich erwiesen. Der Wurfsack war zu leicht, die Schnur verhedderte sich immer. Erst als ich mich für die Profi-Variante entschieden habe merkte ich dass die 30 Euro für Wurfleine und -sack von Anfang an gut angelegt gewesen wären.
Statt einem richtigen Wurfsack kann man auch einen stabilen Beutel (Socke?) mit Sand füllen, auch andere kreative Lösungen sind hier sicher zielführend. Zu beachten ist, dass der Sack schwer genug sein muss, damit die Wurfleine auf der anderen Seite der Astgabel auch wieder heruntergelassen werden kann. 250-350 Gramm sind hier empfehlenswert. Des weiteren sollte kein hartes Objekt benutzt werden das jemanden verletzen kann wenn es wieder herunterfällt.
Die Wurfleine würde ich mir auf jeden Fall gönnen. Andere Schnüre verheddern sich einfach viel zu leicht, was gerade im Wald ständig zu Problemen führt. Eine richtige Wurfleine ist gewachst und hat eine glatte Oberfläche, wodurch man auch die schlimmsten Knoten wieder gut entwirren kann.
Nach dem erfolgreichen Wurf über eine stabile Astgabel können wir den Wurfsack herunterlassen, das Seil an die Pilotschnur binden und so über die Astgabel ziehen. Jetzt muss das Seil natürlich noch irgendwo festgemacht werden. Ich suche mir hierzu immer einen nahen, nicht zu dicken Baum aus und lege eine Bandschlinge darum, die ich mit einem Schraubkarabiner verbinden. Das Seil hänge ich dann mit einem Achterknoten in den Karabiner ein. Fertig.

Achterknoten, in Bandschlinge eingehängt
(rechts muss man sich den Baum vorstellen)

Falls das Seil lang genug ist, gibt es noch die Variante „Auf-Nummer-Sicher“ zur Seilbefestigung, die ich im zweiten Teil dieses Artikels beschreiben werde. Damit kann der Kletterer im Notfall auch von unten wieder heruntergelassen werden.

So, nachdem das Seil oben ist kommen wir zum interessanten Teil: Dem Klettern.


Variante 1: Prusiken und Abseilen mit Tube

Diese Variante ist die günstigste. Zusätzlich zur Grundausrüstung sind lediglich einige Prusikschlingen (1m, 2m, 3-4m; 5-6mm) und ein Tube  nötig. Und das funktioniert folgendermaßen:

Wir nehmen eine Reepschnur (2 m) und verknoten sie zu einem Ring. Dazu nehmen wir einfach beide Enden zusammen und machen einen Sackstich.

Reepschnur mit Sackstich zu Ring gebunden
Jetzt knoten wir die entstandene Schlinge mit einem Prusikknoten in das Seil. 

Reepschnur mit Prusik in das Seil gebunden
Wir nehmen einen Karabiner und verbinden die Schlinge mit unserem Anseilpunkt am Gurt.

Als nächstes brauchen wir eine weitere Reepschnur (3-4 m) als Fußschlinge. Diese verknoten wir ebenfalls mit Sackstich. Wir bauen die Fußschlinge ebenfalls mit Prusik unterhalb der anderen in das Seil ein. 

Die zweite Prusikschlinge wird unterhalb der ersten eingebunden 
Jetzt schieben wir den oberen Prusik so weit nach oben wie möglich und setzen uns in den Gurt, so dass der Prusik blockiert. Den unteren Prusik schieben wir jetzt bis kurz unter den anderen. Dann knoten wir die Fußschlinge mit Sackstich so kurz ab, dass wir den Fuß gerade noch reinbekommen.

Jetzt kann's losgehen mit Aufsteigen. Wir drücken uns mit dem Bein in der Fußschlinge ab, halten uns mit den Händen am Seil fest und stehen gerade hin. Den nun entlasteten oberen Prusik schieben wir nun so weit wie möglich nach oben und setzen uns wieder in den Gurt. Nun können wir den Prusik der Fußschlinge nachziehen und uns wieder hochdrücken. Auf diese Weise steigen wir am Seil bis zum Cache auf.

Jetzt geht’s ans Abseilen. Dazu ist ein kleiner Umbau nötig. Wir nehmen den Tube und bauen ihn unterhalb der Fußschlinge, aber so weit oben wie möglich, ein. Hier auf die richtige Richtung des Tubes achten (Bügel zu uns, Bremsrillen, falls vorhanden nach unten). Schnell noch einen Karabiner rein und im Sicherungspunkt des Gurtes einhängen. Jetzt kommt der Kurzprusik (1m) zum Einsatz. Wie gehabt mit Sackstich abknoten (möglichst nicht zu lang) und unterhalb des Tubes in das Seil einbauen (Prusik). Dann mit Karabiner an der Beinschlaufe des Klettergurt einhängen und den Prusik so weit wie möglich nach oben unter den Tube schieben. Der Kurzprusik wird später den Tube blockieren so dass wir beide Hände frei haben. Als nächstes müssen wir aus dem oberen Prusik raus. Dazu stehen wir in die Beinschlaufe, wie vorher beim Aufsteigen. In dieser Stellung öffnen wir den Karabiner und nehmen die obere Prusiksicherung heraus. Jetzt können wir uns vorsichtig in den Tube setzen, der vom Kurzprusik blockiert wird. Nun bauen wir die oberen beiden Prusikschlingen in aller Ruhe aus. Zum Abseilen müssen wir jetzt nur noch den Kurzprusik langsam nach unten schieben und schon können rutschen wir mit Hilfe des Tubes am Seil herab. Falls wir loslassen, was immer passieren kann, z.B. wenn uns ein Ast auf den Kopf fällt oder so blockiert der Prusik den Tube und wir bleiben stehen.


Variante 2: Prusik und GriGri

Das GriGri des Herstellers Petzl ist ein beliebtes halbautomatisches Sicherungsgerät beim Sportklettern und kann auch beim Baumklettern eingesetzt werden. Ähnliche Geräte die nach dem selben Schema funktionieren existieren auch von anderen Herstellern. Das Seil kann in die eine Richtung frei durch das GriGri laufen, während es in die andere Richtung blockiert, wenn Zug darauf kommt. Diese Blockierung kann durch das Ziehen eines Hebels gelöst werden. Diesen Mechanismus machen wir uns zu Nutze um sowohl die obere Prusiksicherung als auch Tube und Kurzprusik durch GriGri zu ersetzen.
Da das GriGri nicht ganz billig ist (ca. 60 Euro) kommen bei dieser Variante etwas mehr Kosten auf uns zu. Allerdings haben wir den Vorteil, dass wir oben nicht umbauen müssen. Dadurch fällt eine Fehlerquelle weg und der Stressfaktor ist auch erheblich vermindert.

Wir bauen zuerst das GriGri in das hängende Seil ein. Der Kletterer auf dem GriGri muss sich oben befinden, das Hand-Symbol ist unten. Der Hebel befindet sich linkerhand. Ist das der Fall, dann haben wir das GriGri richtig ins Seil eingebaut und können es mit einem Karabiner in unserem Anseilpunkt festmachen.

Jetzt bauen wir über dem GriGri die Prusikschlinge (3-4m) ein wie in Variante 1 beschrieben. Wir setzen uns in den Gurt, schieben den Prusik so weit es geht nach oben und Knoten die Schlinge so ab, dass wir den Fuß gerade noch hineinstellen können.

Jetzt geht’s nach oben. Wir drücken uns mit dem Fuß in der Prusikschlinge ab und ziehen dabei das Seil, das unten aus dem GriGri heraus läuft mit der linken Hand nach oben, so dass das GriGri mit uns am Seil nach oben läuft. Jetzt setzen wir uns wieder in den Gurt und schieben den Prusik nach oben. Dann beginnt das Spiel von vorne bis wir oben angelangt sind.

Vor dem Abseilen bauen wir die Fußschlinge aus. Jetzt müssen wir nur noch vorsichtig den Hebel des GriGri durchziehen um uns selbst nach unten zu befördern. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten. Zu starkes Ziehen am Hebel (z.B. durch eine Panikreaktion) bedeutet dass man ungebremst in die Tiefe rauscht. Die richtige Dosierung ist nicht einfach, deshalb sollte man das zuerst ein paar mal auf geringer Höhe üben.

Mehr Sicherheit bietet hier das Petzl I'd, das nach dem selben Prinzip arbeitet wie das GriGri, aber zusätzlich blockiert, wenn der Hebel voll durchgezogen wird.

Wird der Hebel losgelassen blockiert das GriGri wieder und wir bleiben stehen.


Variante 3: Handsteigklemme und GriGri

Wem die Knoten zu kompliziert sind, oder das Lösen des Prusikknotens vor dem Hochschieben zu lästig ist, der kann auch die Prusikschlinge aus der zweiten Variante durch eine Steigklemme ersetzen. Eine Handsteigklemme in Verbindung mit einer Trittschlinge macht den Aufstieg zudem komfortabler da beim Hochdrücken zusätzlich noch mit dem Arm gezogen werden kann. 


Handsteigklemme, offen
Prinzipiell bestehen alle Handsteigklemmen aus einem Handgriff, der in das Seil eingehängt wird und einer Art „Schnapper“ der geschlossen wird nachdem die Steigklemme in das Seil eingehängt wurde. Der Bereich, in dem das Seil läuft, hat Widerhaken, die ein zurück laufen der Steigklemme verhindern. Gleichzeitig verhindert der „Schnapper“ ein Herausrutschen des Seils.

Handsteigklemme mit Trittschlinge, in Seil eingebaut

Besonders für dynamische Seile sind die Widerhaken sehr strapazierend, so dass leicht der Mantel besechädigt werden kann. Also lieber ein Statikseil verwenden, das ist robuster.
Eine Steigklemme ist wesentlich teurer als eine Reepschnur (um die 50 Euro vs. 4 Euro), so dass sich der Mehrpreis hier kaum lohnt. Steigklemmen machen mehr Sinn bei tiefen Höhlen etc., bei denen man eine größere Strecke am Seil hoch muss. Dann aber eine Handsteigklemme in Kombination mit einer Bruststeigklemme.

Der Aufstieg mit dieser Methode funktioniert fast gleich wie in der letzten Variante. GriGri einbauen (s.o.), Handsteigklemme mit angeschlossener Fußschlinge oberhalb des GriGri einbauen und los geht’s.

Vor dem Abseilen wird die Handsteigklemme wieder ausgebaut und es geht nach oben beschriebener Methode abwärts.

Hinweis: Weitere Bilder folgen!