Mittwoch, 30. Januar 2013

Warum wir trotz Ärzteskandal einen Organspendeausweis haben sollten

Klar, ich bin für Organspende. Ohne diese wäre mein Leben vermutlich irgendwann Anfang 2006 zu Ende gewesen. Aber ich war auch schon pro Organspende, bevor ich selbst betroffen war. Irgendwann mit 15 oder so, als das Thema in der Schule behandelt wurde, entschied ich mich so einen Ausweis auszufüllen. Damals dachte ich nicht großartig darüber nach, aber es leuchtete mir sofort ein, dass man seine Organe nicht mehr braucht, wenn man einmal tot ist. Und wenn man dann noch etwas Gutes damit tun kann, warum nicht?

Seit einiger Zeit machen die Kliniken aber leider mit sehr negativen Schlagzeilen über sich reden. Patientendaten wurden vorsätzlich manipuliert um bei der Organvergabe schneller an die Reihe zu kommen. Was am Anfang noch schien wie einige Einzelfälle von übereifrigen Ärzten erweckt immer mehr den Eindruck als hätte es System. Das ist traurig und die beteiligten Ärzte haben der ohnehin schon schwindenden Spendebereitschaft der deutschen Bevölkerung einen weiteren Stoß versetzt. Wurden in Deutschland 1997 noch 507 Herzen transplantiert, waren es 2012 gerade einmal 318. Der Trend ist rückläufig.

Viele Menschen werden sich jetzt genau überlegen, ob sie in Zukunft unter solchen Umständen noch einen Spenderausweis ausfüllen. Einige werden sicher auch aus Ärger ihren Ausweis vernichten. Doch so schlimm ich die Betrugsfälle finde, so falsch finde ich auch diesen Schritt.

Ich denke nach wie vor, die Betrugsfälle geschahen nicht aus monetären Gründen, sondern sind die (schlechte) Folge von ursprünglich guten Gründen. Ich bin kein Arzt, aber ich denke wenn man sieht wie sich die Lage von einem Patienten rapide verschlechtert, dann juckt es einem schon in den Fingern, wenn man weiß dass man nur an ein paar Zahlen drehen muss. Das ist keine Entschuldigung, aber immerhin ein besserer Grund als Geldgier oder die eigene Karriere, oder was man sich sonst noch als Grund ausmalen mag.

Wenn wir jetzt aber alle nicht mehr spenden, dann bekommt niemand die lebensrettenden Organe. Das ist die schlechteste Option für alle. Ich war immer Organspender um im Falle des Falles Leben zu retten. Welche Leben ich rette, das war immer eine Frage die für mich belanglos war. Das heißt nicht, dass mir die Praxis der Ärzte egal wäre. Ich bin dafür, das Vergabesystem ganz genau auf Lücken zu prüfen und gezielt nachzubessern, bessere Kontrollen einzuführen, vielleicht sogar das ganze System umzustellen. Aber das heißt für mich auch nicht, dass ich jetzt meinen Spenderausweis (ja, ich habe immer noch einen) zerreißen werde, denn vielleicht können damit noch Leben gerettet werden. Das ist in dieser Hinsicht wichtiger als alles andere.

Mal ganz abgesehen davon: Selbst wenn jemand gegen Organspende ist oder aus anderen Gründen nicht spenden will, gerade dann sollte er einen Ausweis ausfüllen und "Nein" ankreuzen, um seinen Angehörigen die Entscheidung zu erleichtern.