Donnerstag, 19. September 2013

Organspende: Die Positionen der Parteien

In Deutschland herrscht seit Jahren ein Mangel an Spenderorganen. Zusätzlich brachten die Organspende-Skandale an einigen deutschen Kliniken Missstände in zuvor für unmöglich gehaltenen Ausmaßen zutage. Grund genug, kurz vor der Bundestagswahl die Position der großen Parteien zu diesem wichtigen Thema zu checken.

Im November 2012 brachte der Bundestag fraktionsübergreifend das „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ auf den Weg. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, die Spendebereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen. Das geschieht dadurch, dass die Krankenkassen verpflichtet werden, ihre Kunden in regelmäßigen Abständen über Organspende zu informieren.
Grundsätzlich haben alle Parteien im Bundestag ähnliche Positionen. Alle Fraktionen wollen die Zustimmungslösung oder Entscheidungslösung beibehalten und den Organmangel durch eine Erhöhung der Spendebereitschaft bekämpfen. Die Unterschiede sind daher eher im Detail zu suchen.

CDU/CSU:
Das Thema taucht nicht explizit im Regierungsprogramm der Christsozialen auf.
Eine Widerspruchslösung, wie von der EU-Kommision im Jahr 2010 empfohlen, lehnt die CDU ab, da ein Zwang die Bereitschaft der Menschen zur Organspende nicht erhöhen würde. Zusätzlich will die CDU die Skandale an den Kliniken aufklären, Missstände beseitigen und dadurch das Vertrauen in Organspende wiederherstellen. Als die Missstände ans Licht kamen, forderte der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn drastische Strafen für die Akteure.
Eine staatliche Organisation für die Verteilung der Organe zu schaffen lehnt die Union ab.

FDP:
Die FDP lehnt eine Widerspruchslösung mit der Begründung ab, Selbstbestimmung und Persönlichkeitsrechte endeten nicht mit dem Tod. Daher bedürfe jeder Eingriff in den Körper einer Zustimmung.
Gesundheitsminister Daniel Bahr warb selbst für Organspende und engagierte sich für eine Werbe-Kampagne um die Spendebereitschaft zu erhöhen. Auch forderten die Liberalen nach der Aufdeckung der Skandale, Gesetzeslücken bei Manipulationen der Wartelisten zu schließen und diese unter Strafe zu stellen. In der jetzt endenden Legislaturperiode hatte die FDP maßgeblich an der Reform des Transplantationsgesetzes und der Einführung der sogenannten „Entscheidungslösung“ teil. Eine staatliche Einrichtung zur Koordination der Organspende lehnen auch die Liberalen ab.

Grüne:
Nach Meinung der Grünen handelt es sich bei den Skandalen nicht um Einzelfälle, sondern um einen Fehler im System.
Dem Thema Organspende ist im Wahlprogramm der Grünen ein ausführlicher Absatz gewidmet. Es wird gefordert, für absolute Transparenz zu sorgen, als auch rechtsstaatliche Strukturen zu schaffen und ständige Kontrollen und Qualitätsprüfungen durchzuführen. Nach Meinung der Grünen gehen die bisherigen Reformen des Organspende-Systems unter schwarz-gelb nicht weit genug. Die Partei will eine öffentlich-rechtliche Organisation schaffen, die die Organspende in Deutschland koordiniert und kontrolliert. Auch soll die Anzahl der Transplantationszentren reduziert werden, um den Konkurrenzdruck unter den Zentren zu reduzieren.

Linke:
Nach Meinung der Linken ging es bei den bisherigen Gesetzesänderungen hauptsächlich darum, die Öffentlichkeit zu beruhigen und notwendige Änderungen zu vermeiden. Die Linke fordert deshalb eine staatliche Behörde, die die Richtlinien zur Organspende vorgibt. Auch die Aufsicht und Kontrolle solle in staatliche Hand genommen werden. Zudem wird gefordert, die Transparenz des Systems zu verbessern.
Auch die Problematik im Zusammenhang mit der Diagnose des Hirntods als Voraussetzung für die Organentnahme soll auf den Prüfstand.

SPD:
Die SPD ist zufrieden mit den bisherigen Reformen, die auch von der SPD-Bundestagsfraktion mitgetragen wurden. Die Fälle, wie an einzelnen Kliniken vorgekommen, seien im jetzigen System nicht mehr möglich. Zusätzlich will sie aber das Amt eines Transplantations-Beauftragten im Bundestag schaffen. Eine staatliche Koordinationseinrichtung lehnt die SPD ab. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat sich sehr für Organspende engagiert und unterstütze mehrere Kampagnen und Aktionen.

Die SPD fordert weiterhin eine lückenlose Aufklärung der Skandale, strafrechtliche Konsequenzen, bis hin zu Schließungen einzelner Transplantationszentren, Einführung eines zentralen Registerszur Qualitätskontrolle, sowie eine Reform des Bonussystems für beteiligte Ärzte. Außerdem soll die Zahle der Transplantationszentren begrenzt werden.

Sonntag, 21. April 2013

El Teide

Für unseren Teneriffa-Urlaub im März setzten wir uns ein hohes Ziel. Wir wollten den Teide besteigen, der Hauptgipfel von Teneriffa und mit 3718 Metern der höchste Berg Spaniens. Im Vorfeld besorgten wir uns eine Genehmigung, die für die Besteigung des letzten Stücks von der Bergstation der Seilbahn zum Gipfel nötig ist. Der Plan war, nachts los zu laufen und bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu sein. Da ich bisher noch nie in so großer Höhe war, war ich sehr gespannt, wie mein Körper auf die dünne Luft reagieren würde und ob ich die nötige Leistung bringen könnte um bis ganz oben durchzuhalten. Um drei Uhr nachts klingelte uns der Wecker unsanft aus dem gemütlichen Bett.

Der Teide-Krater

Das Wetter war bisher nicht besonders gut gewesen, vor allem ab 1000 Metern Höhe war es praktisch immer neblig. Bei unserer Akklimatisierungsrunde auf 2000 Meter am Tag vorher fanden wir uns nur dank GPS zurecht. Deshalb waren wir skeptisch, ob die Besteigung überhaupt klappen würde. Zum Glück war der Gipfel schneefrei. Als wir am Startpunkt unserer Wanderung, an der Montana Blanca, ankamen war das Wetter klar und wir konnten den Aufstieg beginnen.
Die ersten paar hundert Höhenmeter stiegen gemächlich über ein Geröllfeld an. Erst als wir den Fuß des Teide-Kegels erreichten, wurde der Weg steil und schmal. Dank Stirnlampen und GPS war die Orientierung aber zum Glück kein Problem. Langsam näherten wir uns dem Refugio de Altavista, auf dem viele Wanderer übernachten, die den Sonnenaufgang auf dem Teide erleben wollen. Ab 3000 Metern wurde es langsam anstrengender und ich begann die Auswirkungen der Höhe zu spüren. In gemächlichem Tempo war die Steigung aber trotzdem gut zu bewältigen. Als wir das Refugio erreichten, nutzten wir die Gelegenheit, uns etwas aufzuwärmen. Es war auf dieser Höhe bitter kalt und wir hatten inzwischen Handschuhe und Mütze auf. Da wir aber unter Zeitdruck standen rafften wir uns nach ein paar Minuten wieder auf. Am Horizont war inzwischen schon ein schmaler Lichtstreif zu erkennen, der zusehends breiter wurde.
Unser Ziel, den Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu erleben erreichten wir leider auch nicht. Noch einige Höhenmeter unter der Bergstation der Seilbahn entschieden wir uns, eine Pause einzulegen, da ich den Sonnenaufgang in einem Zeitraffer-Video festhalten wollte.
Der Sonnenaufgang war beeindruckend. Innerhalb von Sekunden wurde es taghell und die Sonne verwandelte das Wolkenmeer unter uns in einen goldenen Ozean.


Bei Tageslicht machten wir uns dann an die letzten Meter zur Bergstation, die sich 150 Höhenmeter unter dem Gipfel befindet. Zusehends wurde es anstrengender und der Mangel an Sauerstoff und Schlaf machte sich durch einen deutlichen Leistungsverlust bemerkbar. Als wir die Seilbahn endlich erreichten waren wir froh, dass wir ein paar Momente in der Sonne sitzen konnten. Wir überlegten ernsthaft, ob wir den Aufstieg zum Gipfel wirklich noch machen wollten, entschieden uns dann aber doch dafür.

Auf dem Gipfel

Die letzten Meter gehören wahrscheinlich zum Anstrengendsten was ich jemals gemacht habe. Praktisch nach jedem Schritt musste ich kurz stehen bleiben und verschnaufen. Irgendwann war dann aber doch der Gipfel erreicht. Das Glücksgefühl, es da hoch geschafft zu haben, war unbeschreiblich. Die ganze Insel lag uns zu Füßen, die Sonne strahlte und wir hatten den Gipfel ganz für uns allein.
Da der Schwefelgeruch sehr intensiv war und wir beide etwas Kopfschmerzen bekamen, begaben wir dann aber recht schnell wieder auf den Abstieg und fuhren mit der Seilbahn in sage und schreibe acht Minuten wieder ins Tal.

Verschneiter Teide

Am nächsten Tag wurde eine Sturmwarnung ausgegeben und noch einen Tag später begann es dann auch heftig zu stürmen. Als sich der Sturm nach zwei Tagen verzogen hatte und den Blick auf den Teide wieder frei gab, war der ganze Berg in Schnee gehüllt. Wir hatten das große Glück am letzten Tag unseres Urlaubs noch einmal auf die Passstraße zu fahren und den Anfang unserer Wanderung nochmal im Schnee machen zu können. Eine einzigartige Erfahrung.

Teide-Hochebene mit Schnee

Mittwoch, 30. Januar 2013

Warum wir trotz Ärzteskandal einen Organspendeausweis haben sollten

Klar, ich bin für Organspende. Ohne diese wäre mein Leben vermutlich irgendwann Anfang 2006 zu Ende gewesen. Aber ich war auch schon pro Organspende, bevor ich selbst betroffen war. Irgendwann mit 15 oder so, als das Thema in der Schule behandelt wurde, entschied ich mich so einen Ausweis auszufüllen. Damals dachte ich nicht großartig darüber nach, aber es leuchtete mir sofort ein, dass man seine Organe nicht mehr braucht, wenn man einmal tot ist. Und wenn man dann noch etwas Gutes damit tun kann, warum nicht?

Seit einiger Zeit machen die Kliniken aber leider mit sehr negativen Schlagzeilen über sich reden. Patientendaten wurden vorsätzlich manipuliert um bei der Organvergabe schneller an die Reihe zu kommen. Was am Anfang noch schien wie einige Einzelfälle von übereifrigen Ärzten erweckt immer mehr den Eindruck als hätte es System. Das ist traurig und die beteiligten Ärzte haben der ohnehin schon schwindenden Spendebereitschaft der deutschen Bevölkerung einen weiteren Stoß versetzt. Wurden in Deutschland 1997 noch 507 Herzen transplantiert, waren es 2012 gerade einmal 318. Der Trend ist rückläufig.

Viele Menschen werden sich jetzt genau überlegen, ob sie in Zukunft unter solchen Umständen noch einen Spenderausweis ausfüllen. Einige werden sicher auch aus Ärger ihren Ausweis vernichten. Doch so schlimm ich die Betrugsfälle finde, so falsch finde ich auch diesen Schritt.

Ich denke nach wie vor, die Betrugsfälle geschahen nicht aus monetären Gründen, sondern sind die (schlechte) Folge von ursprünglich guten Gründen. Ich bin kein Arzt, aber ich denke wenn man sieht wie sich die Lage von einem Patienten rapide verschlechtert, dann juckt es einem schon in den Fingern, wenn man weiß dass man nur an ein paar Zahlen drehen muss. Das ist keine Entschuldigung, aber immerhin ein besserer Grund als Geldgier oder die eigene Karriere, oder was man sich sonst noch als Grund ausmalen mag.

Wenn wir jetzt aber alle nicht mehr spenden, dann bekommt niemand die lebensrettenden Organe. Das ist die schlechteste Option für alle. Ich war immer Organspender um im Falle des Falles Leben zu retten. Welche Leben ich rette, das war immer eine Frage die für mich belanglos war. Das heißt nicht, dass mir die Praxis der Ärzte egal wäre. Ich bin dafür, das Vergabesystem ganz genau auf Lücken zu prüfen und gezielt nachzubessern, bessere Kontrollen einzuführen, vielleicht sogar das ganze System umzustellen. Aber das heißt für mich auch nicht, dass ich jetzt meinen Spenderausweis (ja, ich habe immer noch einen) zerreißen werde, denn vielleicht können damit noch Leben gerettet werden. Das ist in dieser Hinsicht wichtiger als alles andere.

Mal ganz abgesehen davon: Selbst wenn jemand gegen Organspende ist oder aus anderen Gründen nicht spenden will, gerade dann sollte er einen Ausweis ausfüllen und "Nein" ankreuzen, um seinen Angehörigen die Entscheidung zu erleichtern.